Die Energiestruktur in Deutschland und Nepal ist sehr unterschiedlich – egal ob es um die Energiequellen, die Art und Menge des Energieverbrauchs oder die Infrastruktur geht. In Deutschland kommt immer noch der größte Teil der Energie aus fossilen Energieträgern. Im Jahr 2018 kamen lediglich 13,8% des Primärenergieverbrauchs aus Erneuerbaren Energien. Auch wenn im Sektor Strom mittlerweile ein Anteil von über 40 % aus Erneuerbaren Energien erreicht wird, ist man in den anderen Energiesektoren noch sehr weit von diesem Wert entfernt. Bei den Sektoren Verkehr und Wärme werden heute noch überwiegend fossile Brennstoffe wie Mineralöl und Kohle eingesetzt.
In Nepal zeigt sich ein vollkommen anderes Bild: Der größte Teil (72,8%) des Primärenergieverbrauches über alle Energiesektoren kommt aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz und Abfällen. Das Energiesystem ist also heute schon zum größten Teil erneuerbar und unabhängig von fossilen Ressourcen. Dennoch ist die Bilanz nicht CO₂-neutral, denn Biomasse wie Holz oder Abfälle erzeugen beim Verbrennen ebenfalls CO₂. Dem gegenüber wird im Sektor Strom (nur 3,7% vom Gesamtenergieverbrauch) der Bedarf zu 100% aus Erneuerbaren Energien erzeugt. Das liegt vor allem an der Nähe zur Himalaya Hochgebirgskette und dem großen Potential an Wasserkraft, das hier verfügbar ist und auch genutzt wird.
Deutschland verbraucht mit 2500 Terrawattstunden 16-mal so viel Energie wie Nepal. Die hohen Verbrauchsanteile von Verkehr (30,1%), Industrie (29,5%) und Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (15,0%) sind dem hohen Grad an Industrialisierung begründet. Haushalte verbrauchen lediglich ca. ein Viertel der Endenergie.
In Nepal zeigt sich ein vollkommen anderes Bild: Mehr als dreiviertel der Endenergie wird in Haushalten verbraucht, in denen vor allem Holz zum Heizen und Kochen eingesetzt wird. Auf Grund der geringen Industrialisierung ist der Anteil des Energieverbrauchs in den Sektoren Verkehr und in der Industrie vergleichsweise sehr gering.
Kreislauf des anthropogenen CO₂
Eine Systemveränderung kann nur gelingen, wenn man sich der Problematik und der Umweltauswirkungen bewusst ist. Daher haben wir den Schülern ein Gefühl dafür gegeben, wie der technologische Fortschritt, allem voran die Industrialisierung den globalen CO₂-Ausstoß beeinflusst hat. Eine Studie der ETH Zürich zeigt, dass sich die globalen, durch den Menschen verursachten CO₂-Emmissionen auf insgesamt 39,2 Gigatonnen pro Jahr (Stand 2017) belaufen, Tendenz steigend. Davon kann die Natur nur eine bestimmte Menge (56%) an CO₂ verkraften und 44% verbleiben in der Atmosphäre.
Berechnet man auf dieser Grundlage das Limit für den globalen CO₂-Ausstoß für den Energiemix aus erneuerbaren und fossilen Energieträgern erhält man einen Wert von 0,127 kgCO₂eq/kWh.
Vergleicht man den aktuellen deutschen Energiemix (in der ersten Abbildung auf Seite 8) mit diesem Wert, erkennt man, dass Deutschland mit 0,569 kgCO₂eq/kWh aktuell das 4,7-fache zum CO₂-Nullsummensystem emittiert. Nepal überschreitet den Wert um das 2,8 fache. Damit ist das nepalesische Energiesystem zwar deutlich „grüner“ als das deutsche, jedoch sind beide immer noch weit entfernt von einem CO₂-neutralen Energiesystem.
Es muss noch viel getan werden. Der Klimawandel ist ein globales von Menschen gemachtes Phänomen, das alle Menschen betrifft mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen. Zu den wichtigsten Gegenmaßnahmen gehören die Reduzierung der Treibhausgase und die Etablierung nachhaltiger Kreislaufsysteme in nahezu allen Lebensbereichen. Ein gemeinsames und gegenseitiges Lernen ist dabei unumgänglich. Nur so kann es gelingen, den Transformationsprozess besser zu verstehen und zu gestalten und künftig nachhaltigere Entscheidungen zu treffen.
Voneinander lernen steht im Vordergrund. Die Chancen der Energiewende insbesondere der Nutzung von Wasser- und Sonnenenergie und eine systemische Integration zu einer Infrastruktur vor Ort wirken für Nepals Weg wie geschaffen. Umgekehrt könnte Deutschland viel von der Leichtigkeit, Dankbarkeit und liebevollen Gelassenheit der Nepalesen lernen, um der Energiewende mit ihren Chancen auch genügend Raum zu geben.