Kathmandu, Nepal
Unsere Projektwochen in Nepal begannen im Oktober 2019 in Kathmandu an der Pathsala-Schule, eine Privatschule, für die Eltern vergleichsweise hohe Beträge für die Ausbildung ihrer Kinder zahlen. Es ist eine offene, international ausgerichtete Schule. Für unsere Schüler (14-16 Jahre) waren Klimawandel und die Energiewende bereits Themen im Unterricht. Entsprechend groß war das Vorwissen. Genauso waren sie den Umgang mit Computern und Fotoapparaten (bzw. mit ihren Smart-Phones) gewohnt und noch am ehesten mit den Schulen in Deutschland vergleichbar.
Bei diesen Schülern ist der CO2-Verbrauch deutlich höher als in unseren anderen Schulen in Nepal. Motorisierte Mobilität mit Auto und Motorbike sind selbstverständlich und viele von ihnen hatten bereits Flugreisen gemacht. Kühlschrank, heiße Dusche, Internet und Strom rund um die Uhr gehören zu ihrem Alltag genauso wie das arbeitsteilige Leben in einer Stadt.
Entsprechend waren auch ihre Ideen und Geschichten zur Energie und dem sinnvollen Energieverbrauch im Kontext von erneuerbaren Energien und Klimawandel deutlich an einer eher technisch ausgerichteten Umwelt orientiert.
Die Tharlam-Klosterschule in Kathmandu liegt versteckt in dem Vorort Bodnath, einem bedeutendem buddhistischen Zentrum Nepals. Die Unterrichtsschwerpunkte der jungen Mönche liegen in Mathematik und Sprachen – Tibetanisch, Nepalesisch und Englisch. Die breite Altersspanne der Schüler zwischen 3 und 30 Jahren spiegelt einen anderen Umgang mit Zeit wieder und mit dem, was als wichtig gilt. Ein Mönch, der die Prüfungen nicht besteht, bleibt auf seiner Stufe, egal wie viele Jahre es dauert. Dieses andere Denken und Miteinander zeigte sich auch in der Arbeit mit den buddhistischen Mönchsschülern.
Mit großer Offenheit interessierten sie sich für Klimaveränderungen und Energiethemen. Mit Begeisterung und mit Achtsamkeit lernten sie das Fotografieren – die meisten hatten noch nie einen Fotoapparat oder ein Smartphone in der Hand – und schrieben ihre kurzen Geschichten zum Thema Energie.
Die Begeisterung für unseren Unterricht, für das Fotografieren und die Geschichten sprach sich in der Schule schnell herum, so dass auch die kleinen Mönche unbedingt an unserem Programm teilnehmen wollten. So verlängerte ich den Aufenthalt und die jungen Mönche wurden Teil des Projekts und brachten ihre frischen Ideen und ihre Kreativität ein.
Das Besondere an den Bildern und Texten der Mönche – egal welchen Alters – war, dass sie Energie als einen Dreiklang erfahren: spirituelle Energie, menschliche Energie und technisch nutzbare Energie.
Kankada, Nepal
Im November 2019 begaben wir uns nach Kankada, einer abgelegenen Bergregion im Südosten Nepals. Schon Silinge, unser erstes Ziel, war schwer zu erreichen. Von der Hauptstraße aus ging die Autofahrt 3 Stunden über eine enge unbefestigte und holprige Straße querfeldein durch Wildnis und Bäche. In der Monsunzeit ist die Straße oft unpassierbar und die Erosion an den steilen Hängen ist deutlich zu sehen. Zweimal am Tag fährt ein Bus und hin und wieder begegnen wir einem Motorroller.
In der Schule von Silinge unterrichteten wir die Kinder der zwei höchsten Klassenstufen (ca. 12 – 16 Jahre). Eine Woche lang diskutierten wir mit ihnen Themen wie Energiemix in Nepal, Emissionen, Herausforderungen des Klimawandels und Chancen des eigenen Verhaltens. Wie in den anderen Schulen machten die Kinder Fotos und schrieben ihre Geschichten. In der Woche bauten sie von uns mitgebrachte Solarpanels zusammen. Wir waren beeindruckt, wie schnell und geschickt die Kinder, die selbst noch nie einen Schraubenzieher in der Hand hatten und nie mit elektrischen Geräten zu tun hatten, die Aufgabe meisterten und mit den Panels Strom erzeugten. Bei ihren Fotos und Texten stand die Energie in der Natur, die Bewegung von Wasser und der Anbau von Pflanzen im Mittelpunkt. Anders als bei den Jugendlichen in Deutschland, waren auf fast jedem Bild Menschen oder Tiere zu sehen.
Die Kinder sehen Energie sehr stark im Kontext von Landwirtschaft: natürliche Landwirtschaft mit vielen Bienen und ein Anbau ohne Dünger. Es gab auch viele Fotos zu den Gebäuden, die dort aktuell entstehen. Stahlträger sollen für mehr Stabilität sorgen, denn das verheerende Erdbeben 2015 machte viele Familien für lange Zeit obdachlos.
Bei den Schülern in Damrang, einer Region, in der es weder Elektrizität noch Straßen gibt, unterrichteten wir die Kinder der höchsten 3 Klassen. Viele von ihnen hatten einen täglichen Schulweg von über 2 Stunden durch schmale und rutschige Bergpfade. Hier waren die Unterschiede zu unserer deutschen Lebenswelt am deutlichsten zu spüren. Diese Schüler waren sehr aufmerksam und achtsam und immer wieder erstaunt, was woanders alles gebraucht wird – warme Dusche, Kühlschrank oder Kraftfahrzeuge. Fotoapparate waren ihnen ebenso fremd wie die mitgebrachten Solarpanels. Zuerst schüchtern und vorsichtig waren sie aber schnell sehr geschickt dabei, ihre Fotos zum Thema Energie zu machen und im Verlauf der Woche die Panels zusammenzubauen.
Auffällig war, wie wenig sich der Einzelne in den Vordergrund drängt. Antworten auf Fragen wurden zuerst innerhalb der Gruppe abgestimmt und dann gemeinsam im Chor gerufen. Das Gemeinschaftsdenken und die Rücksicht auf andere war überall spürbar. Auch beim Anstehen für die tägliche Schulspeisung – für viele Kinder die einzige Tagesmahlzeit – gab es kein Vordrängeln und keinen hektischen Lärm.
Den Kindern war es wichtig im Einklang mit der Natur zu leben und Energie nur für das zu nutzen, was notwendig ist. Eine Landwirtschaft ohne künstlichen Dünger, Nahrungsmittel, die vor Ort wachsen und entweder gegessen oder verkauft werden, und ein dankbarer und maßvoller Umgang mit Wasser sind die Bilder, die die Kinder mit Energie verbinden. Den Preis für Mobilität sehen viele als sehr hoch an. Sie kennen den Lärm und die schlechte Luft aus den Orten drei Tagesmärsche entfernt. Trotz der schlechten Verkehrsanbindung sehen deshalb viele den Bau von Straßen skeptisch.
Berlin, Deutschland
Die vier 10ten Klassen der integrierten Sekundarschule an der Heinrich-Mann-Schule in Berlin-Neukölln hatten Anfang Januar 2020 ihre Projektwoche. Jede Klasse hatte ihren eigenen Zeitplan und besuchte innerhalb der Woche zeitversetzt unterschiedliche Partner des WindNODE-Projektes in Berlin. Bei der TU, bei Siemens, bei Vattenfall, Gasag und 50Hertz erhielten sie Einblick in die Komplexität und Chancen der Energiewelt und waren die Tester für das neue Spiel Hertzschlag von Stromnetz Berlin.
Als die Schüler die Nutzung der elektrischen Energie an einem Modell simulieren konnten, verstanden sie viel mehr, dass Energie nicht nur den Strom umfasst sondern auch die häusliche Heizung und die Mobilität, wie etwa die Fahrt mit dem Auto oder der U-Bahn. Damit veränderte sich merklich ihre Einstellung und ihr Bewusstsein zu Energie und Umwelt und ihren Zusammenhängen. Die Fotomotive und Texte fokussierten um drei große Themen: Schutz der Umwelt und Natur, die CO2-freie Energieerzeugung und die Vermeidung von Abfall, um dadurch den Energieverbrauch zu reduzieren. Am Ende der Woche präsentierten die Jugendlichen stolz ihren Eltern und Mitschülern die Fotos und Geschichten sowie ihre selbst gestalteten Charts zu Energieerzeugung und Energieverbrauch.
Die Nelson-Mandela-Schule in Berlin-Charlottenburg ist ein internationales, bilinguales Gymnasium. Mit den Schülern der 9. Klasse arbeiteten wir im Sommer 2019 gemeinsam an Bildern. Die Schüler hatten bereits beim Projekt „Energie und Kunst“ im Rahmen von WindNODE teilgenommen und waren mit dem Thema vertraut und gut vorbereitet. Mit ihrem Vorwissen konnten sie sehr schnell mit dem Umsetzen ihrer Ideen in Fotos und Geschichten beginnen. Als wir ihnen dazu Tipps gaben, war schnell klar, wie selbstverständlich das Thema für sie ist. Zu dem Projekt gesellten sich auch einige Schüler aus der Foto-Gruppe, die aus künstlerisch-fotografischer Sicht gern ihren Beitrag leisten wollten.
Die hohe Bewusstheit für Energiethemen und über den zu großen CO2-Fußabdruck der Gesellschaft zeigte sich auch in dem großen Interesse und einer aktiven Beteiligung vieler Jugendlicher an der Fridays for Future Bewegung. In ihren Bildern stehen Motive zum bewussten Umgang mit Natur und Energie, zur e-Mobilität und zur Digitalisierung im Vordergrund.